Zick-Zack durch das Reich der Mitte

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Unsere Reiseroute

Montag, 11. Juni 2018

Kapitel 7 - Pingyao - Verwaltung, Eskorten und das Haus der Familie Wang


Frühstückgrundausstattung
Wir haben eine sehr gute Nacht in dem bequemen Bett verbracht und sind gut ausgeruht aufgestanden. Das Frühstück war diesmal nicht in Buffetform, sondern wurde a la carte gebracht. Zunächst wurde nach dem Getränk gefragt, dann wurden Toast, Brötchen, Muffins oder Kuchen zusammen mit Apfel-, Aprikosenmarmelade und Butter an den Tisch gebracht. Aus der Frühstückskarte konnte man zwischen asiatisch angehauchtem Essen oder Western-Style wählen. Wir haben uns für Wok-Reis-mit-Hühnchen und Nudelsuppe mit Dry-Aged-Beef entschieden. Das Fleisch heißt hier nicht so, ist aber eine Spezialität des Ortes und wird folgendermaßen gemacht: Rindfleisch (von älteren Tieren) in Wasser kochen, dann mit Sojasauce und Gewürzen marinieren und in Lehm einpacken. Dann 3 Monate vergessen, den Lehmmantel abmachen und genießen. Beide Gerichte waren extrem gut, aber auch mal wieder sehr sättigend. Dazu gab es noch Obst und einen frisch gepressten Wassermelonensaft. 
Hühnchen und Reis aus dem Wok





Nudelsuppe mit Rind
Die Oststraße am Morgen
Seitengasse
Südstraße mit Glockenturm
Der Jamen (Vorhof)
Wir wurden wieder pünktlich abgeholt und sind zum Yamen gelaufen. Das wird in Deutschland wohl oft als Rathaus übersetzt, beschreibt aber eher eine ganze Verwaltung. Hier residierte der Bürgermeister (der nie aus der gleichen Stadt war, sondern immer aus einer anderen Stadt), es gab militärische und zivile Verwaltung und auch ein kleines Gefängnis. Dieses hatte 4 „angenehme“ Zellen für kleinere Vergehen, sogar mit beheizbarem Bett und Herd und eine sogenannte Wasserzelle, in der die Gefangenen im bis zu 1m tiefen Wasser stehen mussten. Aber das war den schon wirklichen harten Fällen, wie bei Mord, vorbehalten.

Der Gott der Gefängnisinsassen
Hier in diesem Museum finden mehrmals am Tag kleinere Aufführungen in historischen Kostümen statt in denen Gerichtsverhandlungen nachgestellt werden. Der Fall: ein durchreisender Händler, der am Vorabend mit einem Geschäftspartner Essen und v.a. Trinken war, vermisst am nächsten Morgen einen großen Teil seines Silbers. Nacheinander werden der Geschädigte, der Geschäftsfreund und dessen Frau vor den Richter (den Bürgermeister) gerufen. Durch geschicktes Befragen verrät die Frau ungewollt ihren Mann und dieser wird zu Stockhieben verurteilt und muss ins Gefängnis. Bei der Verabschiedung weist die Frau den Mann an im Gefängnis fleißig zu arbeiten und der Mann verbietet seiner Frau sich einen Liebhaber zu nehmen. Die chinesischen Zuschauer waren begeistert und haben gelacht 😊

Gefängniszelle für leichte Vergehen
vorne Links der Herd, mit dem man
auch das Bett beheizt hat.
Wir haben uns den ziemlich großen Komplex mit vielen Büros, Esszimmern, Zimmern für Gäste, Tempeln, Folterinstrumenten und einem schönen kleinen Park angeschaut und sind noch auf einen kleinen Turm gestiegen von dem man einen schönen Blick auf die untenliegende Gasse hatte.

Die "Todeszelle"
heute aufgefüllt, früher stand hier wohl 1m hoch das Wasser




















Heutzutage ist der Yamen mit vielen Blumen geschmückt.
Schauspiel einer Gerichtsverhamdlung
Der Arbeitsplatz des Bürgerneisters
Folterbank
Bezahlung der Beamten
links: kleine Zahl Grundgehalt,
Mitte: große Zahl Zulage durch den Staat (um Korruption zu vermeiden)


Historische Gewänder. Gelb: Farbe des Kaisers
Arbeitsplatz eines Beamten

Feuer (rot) - Wasser (schwarz) - Stab
wurde für Schläge als Strafe eingesetzt.
Hat man die Beamten zuvor bestochen
wurden die Schläge mit der flachen Seite
ausgeführt, sonst mit der schmalen. 

Wohnraum
Der Bürgermeister hat meist den Yamen nicht verlassen,
bis er abgelöst wurde.








Der Herr gräbt einen >1000 Jahre alten Baum aus
um ihn zu düngen
Aus der Verpflegungsliste:
Zeichen oben Suppe, unten Schnapps















Teich im Garten des Yamen
Blick über die Dächer vom Glockenturm aus
Ein Wasserdrache zum Schutz vor Feuer













Hier darf man Rauchen
Die ganz großen, alten Ahnen werden angebetet
Hier z.B. für eine schnelle Karriere


















4 der 9 Söhne des Drachengottes
Dieser hier hat uns besonders gut gefallen





















Blick über die Dächer

Und nach unten








Noch mehr alte Dächer











Dame in historischem Kostüm








Seitengasse
Seitengasse


































Weiter ging es noch zum Armed Escort Museum. In einer Stadt an der Seidenstraße war einmal viel Geld vorhanden, zum anderen natürlich viele wertvolle Handelswaren. Natürlich hat das auch oft Räuber angelockt und die Transporte wurden von bewaffneten Eskorten begleitet. In einem weiteren der schönen Höfe ist dafür ein Museum eingerichtet, in dem die Geschichte einer solchen Familie erzählt wird. Auch hier sind an den Häusern Tafel in englisch angebracht, die eigentliche Ausstellung ist aber wieder nur in chinesisch beschriftet.Auch hier ist ein Führer oder wenigstens Übersetzer hilfreich, denn die Geschichte ist interessant. Besitzer solcher Eskortenfirmen waren oft berühmte Kungfu-Kämpfer, deren Flaggen, angebracht an den Wagen, die Räuber schon im Vorfeld von Angriffen abhalten sollten. Es war eine sehr gefährliche Arbeit und hat auch oft das Leben vieler Menschen gekostet. Bei großen Transporten wurden auch schon mal alle fähigen Männer eines ganzen Dorfes eingespannt und manchmal kamen nur wenige Überlebende zurück. 

Transportkarre (1-rädrig) für die
Werttransporte. Auf der Flagge
der Name des Kung Fu Meisters des Wächter,
damit die Diebe schon vorher Angst bekommen.
Versteck für das Silber.
Waffen des Geleitschutzes















Einer der Ahnen (Kung Fu Meister),
der als Gott verehrt wird.
Wenn man seinen Dienst quittieren wollte hat man
alle wichtigen Geschäftspartner zusammengerufen
und in dieser Schüssel seine Hände gewaschen.


Hier kann man sich als Kaiserin verkleiden.




















Da wir nach dem reichhaltigen Frühstück noch nicht wieder Hunger hatten, haben wir das geplante Mittagessen auf ein gemeinsames Abendessen mit unserem Führer verschoben und eine Stunde Pause eingelegt, die wir mit Bloggen auf dem kühlen Zimmer verbracht haben.
Auf dem Weg zum Haus der Familie Wang
Um 13 Uhr wurden wir wieder abgeholt und sind mit dem Auto außerhalb der Stadt zum „Haus der Familie Wang“ gebracht worden. Das ist eine riesige Anlage mit hunderten von Höfen und über 1000 Zimmern. Die Anlage bestand aus 2 mit einer Brücke verbundenen Teilen. Der eine Teil wurde für den älteren, der andere Teil für den jüngeren Bruder der Familie gebaut und beide Teile sind von einer hohen Mauer umgeben. Der Vorfahre der Familie war ein einfacher Landwirt, der sein Geld mit Tofu verdient hat. Wie genau er zu seinem Reichtum gekommen ist, das haben wir irgendwie vor lauter Staunen gar nicht mitbekommen, aber er muss irgendwie clever gewesen sein und dann mit den üblichen Beziehungen, die man auch heute noch in China gut brauchen kann, zu Geld, Macht und Reichtum gekommen sein. Die ganze Anlage gehört inzwischen auch dem chinesischen Staat und ist eine AAAA-Sehenswürdigkeit. Die Familie Wang ist zu Beginn des 2.Weltkrieges schon Richtung Süden geflohen und die Anlage wurde, wie die ganze Provinz, von Japanern besetzt. Unter Mao wurden die ganzen Zimmer und Höfe an 200 Familien als Wohnungen vergeben. Erst Ende der 90er Jahre wurde „das Haus“ dann wieder zurück in die Ursprungsform gebracht und als Museum eingerichtet. Die Familien wurden in modernere Wohnanlagen außerhalb umgesiedelt.
Im „Haus“ der Familie Wang und auch in Pingyao erkennt man schön den Baustil der alten chinesischen Häuser. Chinesische Häuser sind immer mit einer Mauer umgeben, um sich vom Nachbarn abzugrenzen. Sie besitzen, nach Möglichkeit, immer mehrere Höfe und es wohnen 4 Genrationen in einem „Haus“. Haus ist eigentlich auch schon ein falscher Ausdruck… weil es immer mehrere Gebäude gab. Weiter vorne wohnten die Jungen und weiter hinten (und meist weiter oben) die ältere Generation. Wichtig sind die Stufen vor dem Haus. Nicht nur, das die Anzahl (immer ungerade!) das Ansehen bzw. die Stellung beschrieben haben, sondern diese sollten auch davor schützen, dass das Glück aus den Zimmern herausläuft. Die Dächer fallen immer von außen nach innen zum Hof in ab, so dass alles Regenwasser in den Innenhof läuft. Wasser war kostbar und man konnte nicht genug davon haben. Entsprechend stehen in den Innenhöfen auch große Wassergefäße um dieses aufzufangen. In Pingyao kann man allerdings gut Häuser unterscheiden, die zwar farblich alle sehr ähnlich sind, aber anstatt einem Schrägdach ein Flachdach besitzen. Diese Häuser sind nicht historisch, sondern stammen aus der Mao-Zeit. Die Grundfarbe aller Häuser ist ein dunkles grau. Farben und vor allem farbige Dächer hat man nur für Tempel verwendet, die damit entsprechend im Stadtbild einem sofort ins Auge stechen.



Wir haben noch einen Spaziergang rauf auf den höchsten Punkt der Mauer unternommen, von dem aus man einen schönen Blick auf die umliegende Lösslandschaft hatte und auch die hängenden Klöster (zumindest mit dem Tele von der Kamera) am heiligen Berg etwas entfernt sehen konnte. Der Aufstieg war wegen der guten Stufen nicht ganz so anstrengend und auch nicht so weit wie auf die Große Mauer, aber beim wieder Herunterkommen haben wir uns bei den wieder weit über 30 Grad liegenden Temperaturen dann sehr über ein Fruchteis (Mango und Maracuja) gefreut, während unser Herr Li lieber bei seinem warmen Wasser geblieben ist.
Der Hauseingang
(heutzutage mit Ticketkontrolle)
das "Haus" liegt am Berg






















Eingang zu einem Hof









Einer der über 200 Höfe.





















Schöne Schnitzereien am Gebäude
es gibt viele davon











Westteil der Anlage

Ostteil des Gebäudes
weiterer Hof

Schlafzimmer

Verzierung am Treppengeländer
Urahn der Familie Wang





Fledermäuse bringen Glück





















Auch dies am Dachabschluss ist eine Fledermaus

Im Hintergrund: Neugebautes Luxushotel 
Übergang zwischen den zwei Teilen des Hauses
















Typisch für hier (moderner Bau):
Die Zimmer sind in den Löss hinein gegraben und
dann wurde vorne eine Mauer als Eingang errichtet
Nach einmal ein Blick über die Dächer der über 1000 Zimmer






Durchgang zu einem der über 200 Höfe
Eisverkauf





vorne Maracuja, hinten Mango
Tea-Time
Die Fahrt zurück in die Altstadt von Pingyao war sehr flott, da kaum Verkehr war. Wir haben uns dann für 18 Uhr zum Abendessen verabredet und sind im Hotel erstmal wieder zur Teezeit gegangen und haben wieder etwas Verwaltung erledigt während wir das Treiben vor dem Fenster beobachtet haben.

Herr Li hat uns wieder abgeholt und hat versucht den Herrschaften an der Rezeption zu erklären was Geocaching ist. Die waren gleich genauso begeistert von der Idee wie er (vielleicht waren sie auch einfach nur nett zu den verrückten Touristen) und haben zugestimmt, dass wir eine Schatzdose bei ihnen am Hotel platzieren dürfen. Deshalb sind wir vor dem Abendessen auch noch durch die Geschäfte gezogen, um Ausschau nach einer schönen Dose zu halten. In einem Laden haben wir eine schöne Dose gefunden, die wir dann nach dem Abendessen auch noch kaufen gegangen sind, plus ein paar schöne gemalte Postkarten und ein paar Schmucksteinen mit Bildchen von Pingyao als Tauschobjekte.
Die Bar im Obergeschoß
DVD-Ecke
Sitzgelegenheit in der Bar
Hier kann man wohl Kalligraphie üben

















Esstisch im Hof des Restaurants
Das Abendessen war sehr nett und sehr lustig. Wir waren im Restaurant eines anderen Hotels, dem „De ju yuan Guesthouse“ und haben von Li bestellen lassen. Eine andere Spezialität neben dem Rindfleisch sind Buchweizennudeln. Wir hatten diese Nudeln, Chinakohl, einen Teller mit Hühnchen und ein Gericht mit Rindfleisch. Dazu gab es eine Schale mit Katzenohren (das sind auch Nudeln, nur in einer bestimmten Form) und zum Abschluss noch in Orangensaft eingelegten Kürbis. Wir haben uns neben dem Einblick in das chinesische Essen natürlich auch noch nach den Trinkgewohnheiten erkundigt. Es wird wohl gerne Bier getrunken und noch lieber Schnapps.  Wir haben uns gut beraten lassen und haben 2 verschiedene Schnäpse zur Auswahl bekommen, einer hatte geschlagene 48%vol, der andere nur 32%vol. Der zweite hatte auch eine leicht grünliche Farbe, die durch das Einlegen von Bambus herrührt und dem Schnaps einen angenehmen, leicht süßlichen Geschmack verleiht. Den haben wir dann auch bestellt und er hat uns sehr gut gemundet.
Beim Essen
In China trinkt man zum Essen Schnapps.
Hier die Variante "Bambuslikör" mit nur 32%-Vol.
Viele köstliche Dinge
Während des Essens haben wir über alles mögliche gesprochen und haben Herrn Li Löcher in den Bauch gefragt, die er uns alle geduldig und unterhaltsam beantwortet hat. Ein Abend ganz nach unserem Geschmack, mit prima Essen und bester Unterhaltung. Das war wie ein Abend mit einem guten Freund. Wer also mal Lust hat nach Pingyao oder Datong zu fahren, wir wissen genau den richtigen Mann vor Ort!
Kürbis in Orangensaft
Ein Cocktail an der Bar

Zurück im Hotel haben wir noch einen letzten Absacker an der Bar in Form von 2 Cocktails genommen, Stefan hatte einen mit Whiskey, Cointreau und Dattelsirup, Katja einen Cocktail mit Gin, Aprikosen- und Orangensaft. Nach einem weiteren Blog sind wir sehr zufrieden eingeschlafen.

















Unser Zimmer bei Nacht
Der Hof des Hotels bei Nacht

Und Blick von der Zimmertüre aus

5 Kommentare:

  1. Sehr interessant, diese "kleine" Wohnanlage ;-)

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  2. Eine völlig andere Welt, aber mit doch auch etlichen "Ähnlichkeiten"
    Dann warte ich schon aufs nächste
    Tschüß

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  3. Hallo Susie, hallo Blümchen,

    ja, die beiden Brüder haben da nicht schlecht gewohnt, aber ganz schön unübersichtlich muss das schon gewesen sein. Und da mal schnell saubermachen, war sicher auch nicht :)

    Schöne Grüße und Danke für eure Kommentare
    Stefan und Katja

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  4. Das Bild mit "Kaiserin" ist eigentlich die Kleidung für Braut ;)

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    1. Oh, uns wurde das als Kaiserinnen-Outfit verkauft...
      Danke für die Berichtigung :)

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